09: Die Zerstörung des Friedhofs II (Eilsberger)

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Titel
09: Die Zerstörung des Friedhofs II (Eilsberger)
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Der Friedhof II bot ein Bild grauenhafter Zerstörung. Wenn er in der Kartenskizze und in obiger Schätzung der Trichterdichte an letzter, mithin günstigster Stelle steht, so rührt dieser scheinbar Widerspruch daher, daß der Friedhof bei der Aufstellung der Skizze und Berechnung in seinem weiten Umfang als einheitliches Ganzes zugrundegelegt war. Während die Dichte der Trichter innerhalb seiner Grenzen außerordentlich verschieden war, so waren einzelne Teile, die immerhin noch eine beträchtliche Ausdehnung hatten - vielleicht waren es zwei voneinander getrennte Fünftel - derart mit Trichtern besetzt, daß diese beiden Fünftel, als selbständige Geländestücke betrachtet, in höhere, ja selbst in die Klasse der größten Dichte gehören würden.
Der Friedhof wurde 10,20 Uhr von der ersten Welle und 11,40 Uhr von der etwa 300 m weiter östlich aufliegenden zweiten Welle aufs Schwerste getroffen. Als der doppelte Orkan vorüber gebraust war, stand zwar noch die Kapelle, aber unmittelbar nördlich von ihr begann die Hölle ihr fürchterliches Bild zu zeigen. Man erlasse mir eine genauere Schilderung. Ich vermöchte kein der Wirklichkeit einigermaßen entsprechendes Bild zu zeichnen, wenngleich ich die einstige Stätte des Friedens, die jetzt zur Hölle geworden war, oft genug durchwandert, oder besser gesagt, durchklettert habe. Das furchtbare Chaos von Einzeltrümmern vermag ich nicht einmal durch Stichworte zu verdeutlichen. Es stehen klar und mächtig vor meinen Augen die Trichter, die sich aneinanderreihten, sich berührten, sich überschnitten, sich ineinander verdoppelten. Die Zahl der durch solche Trichter zerstörten Gräber, Grabgitter, Grabsteine, Grabmonumente läßt sich nicht angeben oder schätzen. Der Kriegsfriedhof des I. Weltkrieges ist so gut wie völlig verschwunden, mit ihm das darauf errichtete Gefallenendenkmal des Bildhauers Wrbr., ein Werk von zweifelhaftem Kunstwert, das bereits zur Zeit seiner Errichtung viel Widerspruch gefunden hatte. Auch ich trauere seinem nunmehrigen Verluste nicht nach. Nur, daß es s o o zugrunde gehen mußte!!! Die Frage drängt sich auf, ob alle die zerstörten, verschwundenen Gräber wiederhergestellt werden können.
Quelle
Eilsberger (1980) Inbesitznahme, S. 9
Räumlicher Geltungsbereich
Bernburg (Saale)
Datum
11. April 1945
Zeitlicher Geltungsbereich
1945